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Der Index der Adjusted Net Saving (ANS) as percentage of GNI (dt. Angepasstes Nettosparen als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens) ist eine Initiative der Weltbank. Er beruht auf dem 1998 ausgearbeiteten Index der "genuine saving" (dt. "echte Ersparnis") und beinhaltet ein integriertes Kontensystem als Maß für den umfassenden Wohlstand einer Volkswirtschaft und ihrer nachhaltigen Entwicklung.

 

Selbstverständnis und Motivation

ANS - Adjusted Net Saving orientiert sich an der Vorstellung "umfassenden Wohlstands" ("comprehensive wealth" oder "total wealth"), der den Bestand an natürlichen Resourcen, gesunden Ökosystemen und Humanresourcen integrieren soll. Der Index versteht sich als Korrektur und Erweiterung der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen und soll es erlauben, in einer einzigen, monetären Kennzahl den Wohlstand eines Wirtschaftsraums umfassend und im Hinblick auf seine Nachhaltigkeit abzubilden. Damit soll er eine verantwortungsvolle Finanz-, Wirtschafts- und Umweltpolitik unterstützen und konkret z. B. auch die angemessene Besteuerung der Nutzung natürlicher Ressourcen legitimieren helfen.

 

Methodik

Beim ANS - Adjusted Net Saving handelt es um einen monetären Indikator, der Korrekturen innerhalb der Systematik der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen/des BIP vornimmt. Ausgangsgröße ist -- entsprechend dem Grundkonzept der Berechnung von "echten Ersparnissen" -- das Bruttosparen ("gross national saving"), also der Teil des verfügbaren Bruttoeinkommens, der nicht in Form von Konsumausgaben verbraucht wird. An dieser Standard-Messgröße der VGR werden noch sechs weitere Anpassungen nach folgender Vorgehensweise vorgenommen:

Bruttosparen (I1) -- Abschreibung von fixem Kapital (I2) + öffentliche Ausgaben für Bildung, als Investition in Humankapital hinzugezogen (I 3) -- Schätzungen zur Erschöpfung natürlicher Ressourcen, darunter nicht-erneuerbare Energieträger (I4), Metalle & Mineralien (I5), Wälder (I6) -- Schätzungen zu Schäden durch Treibhausgas-Emissionen (I 7) = ANS

Die errechnete Maßzahl des "angepassten Nettosparens" wird als Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens ausgegeben.

 

Aussagekraft

ANS - Adjusted Net Saving beruht auf der Annahme, dass eine nachhaltige Entwicklung einerseits Investitionen benötigt, andererseits nicht vom Kapitalstock -- einschließlich humanes und natürliches Kapital -- zehren darf. Die Interpretation der Kennzahl ist demnach denkbar einfach: Steigt der ANS, wird also netto mehr gespart, so gilt die Entwicklung eines Wirtschaftsraumes als "nachhaltig". Sinkt der ANS, so haben wir es mit einer nicht nachhaltigen Entwicklung zu tun.

Die Aussage des ANS mag klar und deutlich und in der Tendenz richtig sein (siehe >> Praxis). Die Aussagekraft des ANS ist allerdings -- aufgrund seiner Einfachheit -- relativ begrenzt und zeichnet die Nachhaltigkeit der Entwicklung vieler Wirtschaftsräume eher noch in einem zu rosigen Licht. Im Gegensatz zu komplexeren -- damit aber wesentlich schwieriger zu erhebenden -- Kennzahlen (wie allen voran des NWI - Nationalen Wohlfahrtsindex) enthält der ANS etwa keine Indikatoren zur Entwicklung so lebensnotwendigen "natürlichen Kapitals" wie Wasser, Land oder Fischbestände, und er enthält auch keine Bewertung der Leistung natürlicher Ökosysteme. Schmälert das seine Validität, so steht die Gültigkeit der erhobenen Daten durch die in vielen Ländern noch sehr lückenhafte Datenbasis in Frage.

 

Praxis

Die Weltbank verfügt über 40 Jahre zurückreichende Schätzungen des ANS für die meisten Länder der Erde und verwendet den Index in jährlichen Berichten über Entwicklungsfortschritte in Ländern der "dritten Welt" (vgl. [2]). Eine globale Berechnung des ANS auf Basis dieser Daten zeigt eine seit Ende der 1970er Jahre fallende Tendenz, d. h. das globale Wirtschaftswachstum in diesem Zeitraum war nicht nachhaltig, sondern wurde in zunehmendem Maße durch die Aufzehrung von natürlichem Kapital erkauft (vgl. [3] : 301f).

 

Plus/Minus

+

-

 

Quellen

[1] Factsheet "Adjusted Net Saving" >> ONLINE-DOKUMENT

[2] Weltbank >> Adjusted Net Savings >> OFFIZIELLE WEBSITE

[3] Stiglitz et al. 2009 : 44f

[4] Fioramonti 2015

Kategorie: BIP. Kritik & Alternativen
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