Vorarbeiten zum Index des Environmentally Sustainable National Income (eSNI) stammen bereits aus den 1960ern, von den niederländischen Ökonomen Jan Tinbergen & Rofie Hueting. Die aktuelle Systematik entwickelten sie 1992, aus Anlass der UN-Konferenz in Rio. Die niederländische Statistik-Agentur erhebt und publiziert seither in Kooperation mit dem WWF Zahlen für die Niederlande, welche zeigen, dass wirtschaftliche Entwicklung (gemessen am BIP/BNE) und ökologische Nachhaltigkeit (gemessen am eSNI) immer weiter auseinanderdriften.

 

Selbstverständnis und Motivation

Der Index des Environmentally Sustainable National Income (eSNI) soll innerhalb des Systems der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen zeigen, wie nachhaltig das Nationaleinkommen (BNE) erwirtschaftet wird -- und das über Raum und Zeit vergleichbar, als griffige und unabdingbare Kennzahl für gesamtwirtschaftliche Steuerung mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Der Index wendet sich damit gegen die irrige Vorstellung, gesellschaftliche "Wohlfahrt" durch das BIP (wenn auch nur als "proxy") messen bzw. durch stetig wachsende Produktion steigern zu können, weil dabei die Bedeutung und zukünftige Verfügbarkeit natürlicher Ökosystem-Funktionen ausgeblendet werden. Der eSNI-Index liefert damit eine monetäre Kennzahl, welche das System der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen um die Perspektive ökologischer Nachhaltigkeit ergänzen und damit korrigieren soll.

 

Methodik

Der eSNI-Index definiert -- als Schätzwert -- das maximal erreichbare Produktionsniveau, auf welchem die lebensnotwendigen Ökosystem-Funktionen ("vital environmental functions") auch für zukünftige Generationen erhalten werden können, mit heute verfügbaren Technologien. Der Index beschreibt also ein Distanzmaß zwischen der tatsächlichen und einer nachhaltigen Situation, und er zeigt, wie sich die Teile des Nationaleinkommens, die jeweils nicht bzw. nachhaltig erwirtschaftet werden, über die Zeit im Verhältnis zueinander entwickeln. Die Differenz zwischen eSNI und BNE wird dabei in Faktorkosten ausgedrückt. Der eSNI-Index ist damit direkt mit dem Wert des Bruttonationaleinkommens vergleichbar und lässt sich somit unmittelbar in das System der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen integrieren.

 

Aussagekraft

Der eSNI-Index soll innerhalb des Systems der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen zeigen, ob die wirtschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft insgesamt ökologisch nachhaltig ist -- bzw. konkret die lebensnotwendigen Ökosystem-Leistungen für kommende Generationen erhält -- oder nicht. Indirekt lässt sich daraus aber z. B. auch ablesen, dass ökologische Nachhaltigkeit nicht ohne drastische Erhöhung des Preis-Unterschieds zwischen mehr und weniger nachhaltiger Produktion zu haben sein wird. Als Korrektur des BIP/BNE um den Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit macht der eSNI-Index eine klare und wichtige Aussage. Konkret beruht der errechnete Index-Wert indes auf Schätzwerten, individuellen Definitionen und Kategorisierungen, welche die Gültigkeit und Verlässlichkeit dieser Aussage schmälern.

 

Praxis

Der eSNI-Index wird seit 1992 alle fünf Jahre von der nationalen Statistikbehörde für die Niederlande berechnet.

 

Plus/Minus

+

  • dockt direkt im System der wirtschaftlichen Gesamtrechnungen an
  • nachvollziehbar in der Konzeption als Indikator für ökologische Nachhaltigkeit, klar in der Aussage

-

  • beruht auf Schätzwerten, Definitionen und Kategorisierungen, die nicht allgemein geteilt werden
  • Gültigkeit und Verlässlichkeit ist noch umstritten
  • sehr abstrakte, wenn auch eindringliche Definition von "Nachhaltigkeit", die noch entspr allgemein verbindlich operationalisiert werden müsste
  • Fokus allein auf ökologische Kenngrößen

 

Quellen

[1] Factsheet "Environmentally Sustainable National Income" >> ONLINE-DOKUMENT

[2] Environmentally Sustainable National Income >> OFFIZIELLE WEBSITE