Vor vier Jahrzehnten warnte eine vom Club of Rome in Auftrag gegebene Studie vor den Grenzen des Wachstums. Wenn wir unsere Wirtschafts-, Konsum- und Lebensweise nicht radikal verändern, so die zentrale These der Studie, zerstören wir langfristig unsere eigene Lebensgrundlage. Was zunächst als Kassandraruf verhallte, stößt heute, vier Jahrzehnte später, zunehmend auf Resonanz. Die im französischen Sprachraum als decroissance und im angelsächsischen Sprachraum als degrowth diskutierten Konzepte finden ihre Entsprechung im deutschsprachigen Raum im Postwachstum oder können unter den Begriff Wachstumskritik subsumiert werden.

Ernst Friedrich Schumacher stellt dem Begriff »Massenproduktion« die »Produktion der Massen« entgegen. Realisiert werden soll diese durch die so genannte »mittlere Technologie«, die dem Menschen bei der Selbsthilfe hilft, indem sie ihn mit seinem Geschick und seiner Intelligenz wieder in den Produktionsprozess eingliedert. Die technologische Entwicklung soll auf die wirklichen Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet werden, indem man zum »eigentlichen Menschenmaß« zurückkehrt: klein.

In der Sharing Economy geht es – wie der Name bereits vermuten lässt – ums Teilen. Dass teilen gut und wichtig ist, lernen wir nun ja bereits im Kindesalter und geteilt werden kann nahezu alles, vom Pausenbrot übers Auto bis hin zu speziellem Wissen. Im Großen und Ganzen also nichts Neues und trotzdem haben Internet, Smartphone & Co. es geschafft, das altgewohnte Konzept des Teilens zu revolutionieren und ihm einen neuen Namen zu geben. Durch die Medien schwirren verschiedene Bezeichnungen für dieses neue Konzept des Teilens – neben der Sharing Economy (oder auch Shareconomy) wird auch von Collaborative Consumption (auch Ko-Konsum, gemeinschaftlicher Konsum), der gemeinschaftlichen Nutzung oder auch von der Peer Economy gesprochen. Eine genaue Abgrenzung der Begriffe ist schwierig und vielleicht auch gar nicht notwendig, denn worum es geht, ist schlussendlich die Idee die hinter den Begriffen steckt.

Die Vollgeldreform ist ein Konzept zur Reformierung des Geldsystems von Joseph Huber. Eine Vermehrung der Geldmenge (Geldschöpfung), erfolgt heute nicht nur durch Zinsen, die Unternehmen für die Inanspruchnahme von Krediten an die Banken entrichten müssen, sondern auch durch den Zentralbankkredit und den Bankenkredit selbst. Das kontinuierliche Wachstum der modernen Wirtschaft gründet auf der unbegrenzten Fähigkeit der Zentralbank zur Ausgabe von Banknoten sowie der Möglichkeit der Banken zur Schaffung von Buchgeld. Daraus ergibt sich das Potenzial zu einer im Prinzip »unendlichen« Geldschöpfung »sozusagen aus dem Nichts«.

Die von Peter Ulrich ausgearbeitete "Integrative Wirtschaftsethik" gehört aktuell zu den radikalsten vernunftethisch begründeten Alternativen zur amoralischen, kapitalistischen Ökonomik. Im Zentrum steht dabei die Forderung nach einer Re-Integration ökonomischer und moralischer Vernunft, um Wirtschaft wieder unmittelbar "lebensdienlich" zu gestalten.

 

Die Integrative Wirtschaftsethik unterscheidet drei "Stufen" wirtschaftsethischer Reflexion: die Kritik des "Ökonomismus", die Bestimmung "sozialökonomischer Rationalität" und die Identifikation der "Orte" der Moral des Wirtschaftens. Als "Ökonomismus" wird von Ulrich die Vorstellung einer "wertfreien" ökonomischen Rationalität als reiner "Sachlogik" kritisiert, die wirtschaftliche Entscheidungen allein mit dem Argument der Effzienz oder der wirtschaftlichen Notwendigkeit rechtfertigen möchte. Ein solches "Sachzwangsdenken" komme einem "Denkzwang" und "Reflexionsstopp" gleich. Fragen nach Sinn und Recht wirtschaftlichen Handelns würden damit systematisch ausgeblendet. Effzienz könne niemals Selbstzweck wirtschaftlichen Handelns sein, sondern Mittel im Dienst des Lebens.

Die Integrative Wirtschaftsethik fordert die diskursethische Reintegration ökonomischer Rationalität und moralischer Vernunft zur "sozialökonomischen Rationalität" -- und damit eine grundlagenkritische Auseinandersetzung über "Sinn" und "Legitimität" wirtschaftlichen Handelns zur Bestimmung einer "lebensdienlichen Ökonomie". Wirtschaftliche Entscheidungen müssen damit vor den ethischen Leitbildern des "guten Lebens" und "gerechten Zusammenlebens" moralisch verantwortet werden. Die Idee des "guten Lebens" umfasst dabei etwa "Sinnfragen" nach einer erstrebenswerten Zukunft, der Nutzung von Produktivitätsforschritten oder nach den Werten, die gesellschaftlich geschaffen werden sollen. Die Idee des "gerechten Zusammenlebens" umfasst etwa "Legitimitätsfragen" nach der Verteilung der erwirtschafteten Werte, des Nutzens und der Kosten einer ökonomischen "Rationalisierung", und nach der Schaffung einer gerechten und gerechtigkeitsförderlichen (Welt-)Wirtschaftsordnung.

Die dritte Ebene wirtschaftsethischer Reflexion benennt die "Orte" der Wirtschaftsmoral in der Gesellschaft: die "WirtschaftsbürgerInnen", die Unternehmen und die Ordnungspolitik. Den WirtschaftsbürgerInnen - also den Menschen in ihrer Rolle als StaatsbürgerInnen, KonsumentInnen, InvestorInnen und ProduzentInnen - wird dabei zugemutet, sich aktiv an politischen Prozessen zu beteiligen und sich auch bei der Verfolgung privater Interessen um soziale und ökologische Belange zu sorgen. Den Unternehmen weist die Integrative Wirtschaftsethik eine zweistufige Verantwortung zu: Marktbezogen soll ihre Geschäftsethik durch eine sinnvolle Wertschöpfungsidee und geeignete Maßnahmen (überprüfbare Selbstbindung, Integritätsmanagementsysteme usw.) zur Verbesserung des menschlichen Lebens beitragen. Gesellschaftsbezogen sollen sie durch gelebte "ordnungspolitische Mitverantwortung" (etwa durch Branchenverbände oder gemeinwohldienliches Lobbying) dabei mithelfen, dass sich sozialökonomische Rationalität auch realisieren lässt.

Die Ordnungspolitik als dritter Ort der Moral umfasst nach Ulrich Aufgaben der "Vitalpolitik" und der "Wettbewerbspolitik". Die vorgelagerte Vitalpolitik solle den Wettbewerb als Steuerungssystem nach ethischen Gesichtspunkten der Lebensdienlichkeit ausrichten und begrenzen. Erst in diesem Zielsystem könne eine Wettbewerbspolitik der offenen Märkte und des fairen Wettbewerbs wirksam werden. Markteffzienz und Wettbewerb dürften nicht oberste ordungspolitische Gestaltungskriterien sein.


Literatur

Peter Ulrich (2005): Zivilisierte Marktwirtschaft. Eine wirtschaftsethische Orientierung, Freiburg - Basel - Wien.
--- (2008) Auf der Suche nach der ganzen ökonomischen Vernunft : Der St. Galler Ansatz der integrativen Wirtschaftsethik, S. 61-75 in: Kersting, Wolfgang (Hrsg.): Moral und Kapital. Grundfragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik, Paderborn. [Download von der Forschungsplattform Alexandria]

weiterführende Informationen

Integrative Wirtschaftsethik als Programm [Foliensatz, Download von Me' M. Denkfabrik für Wirtschaftsethik]

Das Verhältnis von Ethik und Ökonomik [Kapitel aus unserem Skriptum Wirtschaftsethik, kritisch betrachtet]