[Text eines Vortrags, gehalten bei den 11. Zittauer Gesprächen, am 14. Oktober 2016 -- zur Ansicht der Folien (r. u. kleine Vorschau) im Vollbild in neuem Browser-Fenster]

Messen ist Macht -- meine Ausgangsthese spielt natürlich auf Francis Bacons berühmtes Diktum an: Wissen ist Macht -- scientia potestas est, das Bacon gegen Ende des 16. Jahrhunderts geprägt hat (1597 erst in den Essayes, dann im Novum Organum). Was steckt aber dahinter? Zunächst einmal der grundsätzliche Glaube an die Beherrschbarkeit von "Natur" (oder allgemein eines Gegenstands/Objekts) durch wissenschaftliche Erkenntnis; aber zugleich auch die Forderung nach Beherrschung desselben durch praktische Anwendung dieses Wissens -- also was bspw. Jürgen Habermas dann (im Positivismusstreit) das "technische Erkenntnisinteresse" des Positivismus/Empirismus nennen sollte.

Schon bei Bacon angelegt, aber bei ihm noch weitgehend implizit ist eine zweite, komplementäre, aber viel weiter gehende Bedeutung dieses Ausspruchs, auf die ich hier auch anspiele: Wenn Wissen Macht ist, dann ist -- im Umkehrschluss -- Macht Wissen
. Diese Ansicht findet sich bemerkenswerterweise -- recht explizit -- schon ein zwei Generationen nach Bacon, bei William Petty: Und Petty (er kommt hier nämlich nicht ganz zufällig vor) war nicht nur Mitbegründer der Royal Society, die im Geiste Bacons Wissenschaft als Waffe im Dienste der Krone nutzbar machen sollte -- Empirie fürs Empire, quasi. Petty gilt auch als "Vater der englischen Nationalökonomie", Begründer der "Arbeitswertlehre" (wofür ihn z. B. auch Karl Marx würdigen sollte) und nicht zuletzt auch als Pionier in Sachen Wirtschaftsstatistik und gesamtwirtschaftlicher Planung -- und hier wird's auch für unser Thema wieder interessant: Mit seiner "Political Arithmetick" wollte Petty zwar den Geist und die Methodik Bacons von der Natur auf die Wirtschaft (die Kultur) übertragen und diese damit ebenso beherrschbar -- aber eben auch und vor allem als Mittel der Herrschaft nutzbar machen: Folglich war Pettys Ansatz deutlich weniger durch methodische Sorgfalt, Empirie und das Streben nach Erkenntnis (man könnte sagen "Wissenschaftlichkeit") geprägt als durch einen selbstbewussten (politischen & technischen) Pragmatismus und das Streben nach Macht -- staatliche und eigene. (Auch bei seiner "Entdeckung" der Arbeitswertlehre, so sagt man, soll ja Pettys Interesse als Großgrundbesitzer -- verbunden mit der Aussicht auf Steuererlässe -- maßgeblich erkenntnisleitend gewesen sein.)

All das -- schon relativ hart am Thema -- zur Illustration dessen, was mittlerweile -- mit Ideologiekritik, Wissenssoziologie, kritischer Theorie, Sprachphilosophie, Soziolingusitik, Post-Strukturalismus, Diskursanalyse
-- eigentlich zum kritischen Selbstverständnis spätmoderner Wissenschaft dazugehört: Macht ist Wissen in dem Sinne,

  • dass Erkenntnis erstens nicht absolut ist,

  • dass das, was als Wissen anerkannt wird, bis hinein in die Kategorien der Erkenntnis und die Definition des Gegenstands diskursiv (und das heißt in Bezug auf herrschende Ideen und Interessen) begründet sein muss

  • und dass dieses Wissen drittens auch performativ ist in dem Sinne, dass es nicht (bloß) Wirklichkeit abbildet/repräsentiert, sondern eben auch einen Zustand verwirklichen (helfen) soll, der in der Theorie/einem Paradigma als Ideal gewissermaßen angelegt ist.

Wissen und Macht stützen/begründen sich sozusagen wechselseitig. Bevor's jetzt gleich zu abstrakt wird -- und um auch gleich den Konnex zum Messen herzustellen. Sie kennen sicherlich den Ausspruch: Only what gets measured gets managed -- das bringt's eigentlich auf den Punkt. Wissen beruht auf Beobachtung und damit (im wissenschaftlichen Kontext) auf Messung. Und mit jeder solchen Operationalisierung ist immer eine m.o.w. radikale Reduktion der Komplexität des beobachteten Phänomens verbunden. Die Auswahl dessen, was wichtig ist/was zählt, liegt aber eben nicht im Gegenstand selbst begründet, sondern sie beruht auf vorgängigen Wertentscheidungen darüber, was wir für wertvoll und wichtig erachten -- in den Unternehmen (im Accounting & Controlling), aber auch was die gesamtwirtschaftlichen Kennzahlen betrifft, und letztlich also die Vorstellungen davon, was ein "Unternehmen" oder eine "Wirtschaft" eigentlich sind, was sie ausmacht -- was also zählt, und was nicht.

Damit ist auch schon die "Krise der Repräsentation
" im Untertitel meines Vortrags angesprochen. Meine These ist, dass die aktuelle Wirtschaftskrise zugleich und v. a. auch eine "Krise der Repräsentation" ist -- also eine Krise der grundlegenden Vorstellung davon, was "Wirtschaft" überhaupt "ist" und wozu sie "gut" sein soll -- man könnte auch sagen: eine ethische Krise in einem ganz fundamentalen Sinn. Was meine ich aber mit "Repräsentation": Ich spreche hier konkret von der statistischen "Repräsentation" unserer Wirtschaft in Form der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, und dabei vor allem vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) als der zentralen, einen Zahl, die auf Mensch und Natur weltweit heute so großen Einfluss ausübt wie aktuell wohl keine andere. Und um diesen Einfluss des BIPs geht es hier (sehr pointiert ausgedrückt) -- und den sehe ich sehr kritisch.

Mit dieser Einschätzung bin ich ja beileibe nicht der einzige -- gerade in der Akutphase der Finanz- und Wirtschaftskrise gab es ja fast schon sowas wie einen Konsens, der sich von der EU, Weltbank, OECD und verschiedenen nationalen Kommissionen bis zu VertreterInnen einer Postwachstums- oder Gemeinwohlökonomie zu erstrecken schien -- darüber, dass das Verständnis von Wirtschaft, Wohlstand und Wachstum, das das BIP repräsentiert, nicht mehr zeitgemäß und zukunftsfähig sei. Das sehe ich zwar, wie gesagt, grundsätzlich auch so -- allerdings bin ich der Überzeugung, dass wir es hier nicht mit einer bloßen methodologischen/messtechnischen Problematik zu tun haben, sondern letztlich mit ganz grundlegenden ethischen Fragen nach dem Sinn und Zweck dieser Wirtschaft und ihrer Legitimation. Das werde ich im Folgenden noch näher ausführen -- ich möchte aber erst noch zwei Caveats
vorausschicken, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen:

  • Erstens handelt sich bei der Kritik am BIP grundsätzlich/notwendigerweise um so etwas wie "Stellvertreterkritik": Es wäre verfehlt, die Problematik allein auf der Ebene ihrer Repräsentation abzuhandeln. Man darf nicht dabei stehenbleiben -- aber eben auch nicht übersehen, dass die Wertrechnung (als Messen und Wissen) Praxis/Politik ermöglicht, befähigt und rechtfertigt, mit ihr in ständiger Wechselwirkung steht -- nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  • Zweitens ist diese Krise der Repräsentation nicht (wie meist vermutet) mit "dem Kapitalismus" im Allgemeinen oder "dem Neoliberalismus" im Speziellen verknüpft -- sondern vielmehr mit der Krise des "demokratischen Kapitalismus" -- einer Krise dieses kapitalistischen Akkumulationsregimes, die eigentlich schon seit den 1970ern andauert. Und ebenso lange schon stoßen wir mit den Vorstellungen von Wirtschaft, Wohlstand und Wachstum, die im BIP repräsentiert werden, an unsere Grenzen.

Ich werde gleich noch diesen Entstehungskontext streifen, dann auf ein paar zentrale Probleme dieser Wertrechnung eingehen und darauf aufbauend einen strukturierten Überblick über aktuelle Alternativen zu geben versuchen. Ein Fazit dabei wird sein: Wenn wir schon messen müssen, und wenn Messen Macht impliziert -- dann sollten diese wirtschaftspolitischen Zielgrößen zumindest demokratisch legitimiert sein.
 

Entstehungskontext

Auch am Beginn der Geschichte der modernen ökonomischen Wertrechnung stand eine "Krise der Repräsentation". Das war die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er und frühen 1930er Jahre, zugleich eine tiefe Krise des WS-Liberalismus und des Glaubens an die Selbstregulierungsfähigkeit der Märkte. Eine "Krise der Repräsentation" war das also schon in dem einfachen, grundsätzlichen Sinn, dass man so gut wie nichts über die wirklichen Ursachen dieser Krise und (heute würde man sagen) zentrale Stellgrößen wirtschaftlicher Entwicklung wusste -- also wie man da wieder rauskommen sollte.

Die beiden Männer, die heute landläufig als "Erfinder" des BIP* gehandelt werden -- Colin Clark in GB, Simon Kuznets in den USA -- fokussierten zwar noch einerseits auf das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte als Ausgangsgröße (so wie heutige alternative Ansätze es wieder tun), und darauf aufbauend auf die Frage der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Wirtschaften. Dass "die Wirtschaft" (als Ganzes) vermessen werden sollte, und zwar regelmäßig und schnell, war aber -- vor dem Hintergrund dieser Krise -- kein schlechthin wissenschaftliches, sondern ein praktisch-politisches Erfordernis. (Immerhin hatten die Sowjets mit dem "Materialprodukt", orthodox an der Marxschen arbeitswertlehre ausgerichtet, auch schon sowas.)

Den eigentlichen Durchbruch erzielte die Wertrechnung damit auch erst mit der Wende zur keynesianischen Wirtschaftspolitik bzw. zur Makroökonomik -- als mit dem Staat als wirtschaftlichem Akteur (der so auch erstmals in der Wertrechnung aufschien) der Fokus auf den "Gesamtwert der Produktion", auf gesamtwirtschaftliche Steuerung und auf Output-Maximierung verschoben wurde. Damit war es dann auch tatsächlich möglich, die Wirtschaftskrise zu überwinden und zugleich auch noch den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen (und dabei zugleich mit der Produktion von Massenvernichtungswaffen auch noch den Massenkonsum zu befriedigen). Zeitgenossen und HistorikerInnen haben das BIP insofern hinsichtlich seiner kriegswichtigen Bedeutung auf eine Stufe gestellt mit dem Manhattan Project
-- also der Erfindung der Atombombe.

Diese Skizze des Entstehungskontexts in Weltwirtschaftskrise und Weltkrieg sollte nur eines verdeutlichen: Die Vorstellung von "Wirtschaft" als klar abgrenzbarer, eigenlogischer und technisch beherrschbarer Kulturbereich, und die kompromisslose Ausrichtung auf die effiziente Ausbeutung aller produktiven Ressourcen mit dem Ziel, den gesamtwirtschaftlichen Output zu steigern -- sie wurden in die wirtschaftliche Wertrechnung gewissermaßen eingeschrieben und dann in Friedenszeiten -- ohne eine grundlegende Revision vorzunehmen -- einfach weiter verfolgt und im Zusammenspiel mit der apolitischen, explizit universalistischen und technokratischen Entwicklungspolitik der UNO auch weltweit exportiert. Und mit der globalen Verbreitung dieser Vorstellungen von Wirtschaft und moderner Entwicklung schlug denn auch die Stunde der Ökonomen -- begann der Aufstieg der Makroökonomik zur "modernen Leitwissenschaft".

Dieser Entstehungskontext -- der wirtschaftspolitische Fokus auf die Produktion von Massenkonsum und -vernichtung -- hängt uns gewissermaßen, intitutionalisiert und eingeschrieben in die Grundkategorien, bis heute nach. Damit sind wir auch schon bei der aktuellen Problematik des BIP -- diese werde ich hier in einigen Aspekten, möglichst pointiert, darstellen.

 

Vergleichen und Gleichmachen

Der Wunsch, Wirtschaft vergleichbar zu machen, stand ganz am Beginn der Erfindung des BIP. Die grundsätzlichen Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines solchen Unterfangens (ebenso alt) machten aber bald methodologischen Fragen der Machbarkeit Platz, die indes häufig die Politik beantwortete. Nach 1945 wurde immer deutlicher, dass es dabei aber auch nicht bloß ums Vergleichen, sondern ums Angleichen/Gleichmachen der verschiedenen Wirtschaften auf einem gedachten Kontinuum moderner Entwicklung ging. Im engeren Sinne methodologische Probleme (der Reliabilität/Messgenauigkeit) gibt's dabei aber nach wie vor ...

Nach außen
, hinsichtlich der Vergleichbarkeit verschiedener (nationaler) Wirtschaftsräume sind das etwa Folgende:

  • Seit Colin Clarks ersten verwegenen Ansätzen zur Bestimmung einer "international unit" als universeller Verrechnungseinheit ist die Frage der unterschiedlichen Wechselkurse und Kaufkraftparitäten dauerhaft virulent -- abgesehen von der alten, noch grundsätzlicheren Frage, ob sich Geld bzw. Marktpreise überhaupt als Vergleichsmaßstab eignen.

  • Daneben sind die Qualität und Verfügbarkeit der Daten weltweit noch sehr unterschiedlich.

  • Auch die jeweiligen Definitionen und Methoden zur Erfassung des BIP unterscheiden sich im Detail zuweilen immer noch erheblich.

  • Abgesehen davon kommen sehr häufig auch handfeste politische Interessen (& Ermessensspielräume) ins Spiel, die das BIP eher zu hoch oder zu niedrig erscheinen lassen (sollen):

    • Chinas BIP hätte etwa -- wie das vieler anderer "armer" Länder wie Ghana, Nepal, Bangladesh ... basierend auf breit angelegten internat. Preiserhebungen -- 2007 um -40% reduziert werden müssen. Die Korrektur des nominellen BIP nach Kaufkraftparitäten überschätzt den Lebensstandard in vergleichsweise "unterentwickelten" Ländeern (mit großen Preisunterschieden für heimische und Importgüter) nämlich systematisch -- ein Umstand, den sich auch Ghana und eine Reihe anderer afrikanischer Länder 2010 zunutze machten, um ihr BIP über Nacht um +60% anwachsen zu lassen, während andere "low income countries" aufgund daran gekoppelter Hilfstahlungen oder Vergünstigungen ein Interesse daran hatten, weiter statistisch(!) gleich arm zu bleiben.

  • Grundsätzlich unterschätzt das BIP aber natürlich die WS-Leistung eines Landes umso deutlicher, je weniger es "immer noch" dem Ideal einer "entwickelten" oder "modernen" Wirtschaft entspricht, die dass BIP repräsentiert. Damit entlarvt sich zum einen der Anspruch des BIP, ein universeller Maßstab für WS zu sein, als unreflektiert und v.a. ethnozentrisch. Zum anderen war das BIP aber eben stets mehr als ein bloßer Vergleichsmaßstab -- nämlich ein Instrument zur Angleichung der realen Wirtschaftspraxis an das vom BIP/dem SONA repräsentierte Ideal einer "modernen Wirtschaft".

Nach innen war (und ist) zugleich die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Zeiträume das Problem.

  • Damit das BIP als zentrale Kenngröße für Erfolg oder Versagen der Wirtschaftspolitik über die Zeit fungieren kann, müssen zunächst jene Veränderungen herausgerechnet werden, die nicht "real" sind -- und das sind in erster Linie durch In- oder Deflation (also Geldwertänderungen) bedingte Preisänderungen.

  • Auf der anderen Seite können solche Preisänderungen aber auch verbesserte Qualität oder Innovation -- also einen effektiven Nutzenzuwachs für die EndverbraucherIn -- widerspiegeln. Deshalb können sie nicht einfach umstandslos herausgerechnet werden. Das ist das Phänomen der sogenannten "hedonischen Preise". Die werden ermittelt, um der wachsenden Bedeutung von Produktinnovationen, intangiblen Produktmerkmalen usw. gerecht zu werden. Der Anteil der Güter, denen solche hedonischen Preise zugerechnet werden, beläuft sich mittlerweile bereits auf bis zu 20% des BIP. Die Wirtschaftsstatistik bedient sich dabei recht aufwändiger Verfahren, die aber noch weitgehend individuell/kaum standardisiert sind ...

ALLGEMEIN besteht also sichtlich die Notwendigkeit, Veränderungen in der WS-Praxis & -struktur durch entsprechende messtechnische Veränderungen zu begleiten -- aber eben nicht nur das, sondern vielmehr: Das BIP (Kennzahlensystem) begleitet, ermöglicht, motiviert und legitimiert/rechtfertigt wirtschaftliche Dynamiken durch angemessene Änderungen seines Kategorien- & Berechnungssystems (das kann aber jeweils pro- oder reaktiv sein) -- einige Beispiele dafür zur Illustration:

  • Die Umstellung vom BSP zum BIP -- also vom InländerInnen- zum Inlandskonzept -- wurde zwar als notwendige Anpassung an die reale wirtschaftliche Globalisierung gerechtfertigt. Zugleich & als willkommener Nebeneffekt ließ die Umstellung aber natürlich auch Wertschöpfung und Wachstum in den neu in den Weltmarkt integrierten Volkswirtschaften gleich einmal größer erscheinen als sie eigentlich waren (bzw. von InländerInnen auch konsumiert werden konnten). Die Umstellung legitimierte damit ihrerseits die These von der neoliberalen Globalisierung als "Entwicklungsmotor".

  • Ähnlich zu interpretieren ist auch die Einrechnung neuer "Finanzserviceleistungen, indirekte Messung" (FISIM) ins BIP. Sie spiegeln zuallererst den Gauben an die strategische Bedeutung und den produktiven Beitrag des Finanzsektors zur neoliberalen, gewichtslosen New Economy wider. Sie überschätzen aber nach (einhelliger) Expertenmeinung diesen Beitrag auch systematisch & massiv, im EU-Raum bspw. um 25-40% -- mit enstpr. Folgen für die WS-Politik.

  • Auch die jüngst -- auf Geheiß von UN-SNA & Eurostat -- erfolgte Einrechnung des informellen Sektors, illegaler Prostitution, Drogenhandels und Zigarettenschmuggels ins BIP entspringt zunächst dem harmlosen & nachvollziehbaren Wunsch nach besserer Vergleichbarkeit ökonomischer Unterschiede und Veränderungen. Wie alle anderen messtechnischen Anpassungen führte auch diese (z. B. in Italien in den 1980ern, interessanterweise in Griechenland just 2006) zu einer plötzlichen, beeindruckenden Erhöhung des BIP/ der nominellen Wirtschaftsleistung, ohne dass sich damit realiter etwas verändert hätte.

Angesichts dessen stellt sich also schon die Frage: Welchen Sinn (rein wirtschaftspolitisch) haben solche Anpassungen eigentlich? Geht's hier vielleicht auch schlicht darum, das letzte (schon illegale) Aufgebot zur vermeintlichen Schaffung von Wirtschaftswachstum zu mobilisieren? Aber v. a. wie kann etwas, das nach geltender Rechtslage illegal ist, zum Wohlstand oder auch nur zur Wertschöpfung beitragen? Solche Fragen wurden immer wieder gestellt -- und daran geknüpft wurde die Forderung, dass eben nicht mehr automatisch alles, wofür Geld bezahlt wird, Wert hat und entsprechend positiv in der Wertrechnung verbucht wird (gemäß der neoklassischen "subjektiven Wertlehre"), sondern dass man differenziert ....

Schlag- & Schattenseiten

Überspitzt könnte man sagen (i.g.u.g.): Das BIP misst nur, was einen Preis hat -- und was einen Preis hat, hat aus ökonomischer Sicht auch Wert. Daraus ergeben sich zwei folgenschwere Probleme der Wertrechnung: Sie kann nicht angemessen erfassen, was unbezahlt oder unbezahlbar ist. Und sie kann zwischen Wert und Unwert (Nutzen und Schaden) nicht angemessen unterscheiden. Es gibt natürlich Dinge, die wir nicht bezahlen müssen (wie staatl. Leistungen, Gemüse aus dem eigenen Garten, oder Wohnen im abbezahlten Eigenheim ...), die in irgendeiner Form schon ins BIP hineingeschätzt werden -- aber im Großen und Ganzen dominiert doch die neoklassische Wertlehre, wonach alles Wert hat, wofür Leute zu zahlen bereit sind -- und umgekehrt bedeutet das, dass weitgehend ausgeblendet bleibt, was 1) keinen Preis hat oder 2) statt Nutzen Schaden stiftet (oder diesen lediglich ausgleicht) Ich möchte das hier nur kurz anhand einiger klassischer Beispiele erläutern: ad 1) Was unbezahlt ode unbezahlbar ist, scheint nicht auf.

  • Unbezahlte Arbeit fließt bspw. nicht in die Wertrechnung ein -- das schließt Hausarbeit, allgemein Eigenarbeit oder Subsistenzproduktion ein, deren Anteil ja bis heute eher als Indikator der Unter-Entwicklung einer Wirtschaft betrachtet wird -- und jedenfalls nicht gezählt. Der britische Wohlfahrtsökonom Arthur Cecil Pigou hat diesen Umstand schon vor fast hundert Jahren in eine humorige Parabel verpackt: "Wenn ein Mann seine Haushälterin heiratet oder sein Köchin, verringert sich das "Volkseinkommen"." Dieser Umstand, der als das "Pigou-Paradox" in die Ökonomie-Geschichte eingegangen ist, wirft ein Licht darauf, dass "reproduktive" Arbeit nicht gezählt und damit auch häufig entwertet wird, dass aber auch die bloße Umwandlung von Haus- in Lohnarbeit, ihre "Kommodifizierung" durch Integration in den Arbeitsmarkt zwar nominell das BIP erhöht -- dass dieses Wachstum aber real nicht unbedingt mit einem Nutzenzuwchs verbunden ist, nur weil plötzlich Geld im Spiel ist.

  • Ein zweiter Punkt, den ich hier nur anreißen möchte, ist der Wert von Freizeit oder Muße. Das klingt vielleicht zunächst etwas abwegig (oder gar absurd), weil doch im Fokus der Wirtschaftspolitik zunehmend und vor allem die Produktion von Lohnarbeit steht -- Indes: Die Herstellung von Muße bzw. die Befreiung des Menschen vom Arbeitszwan war doch einmal eines der zentralen Ziele der Ökonomik gewesen: Man denke nur an die Visionen von John Stuart Mill, natürlich Karl Marx, aber auch noch John Maynard Keynes (bspw. die Schaffung eines "3-Stunden-Tags") in dem Zusammenhang. Jedenfalls: Der Wert von Freizeit oder Muße, die eine Wirtschaftsweise ermöglicht ("Zeitwohlstand"), spielt in der herrschenden Wertrechnung auch keine Rolle -- allerdings in einigen der Alternativen, die ich abschließend noch kurz vorstellen möchte.

  • Ähnliche blinde Flecken zeigen sich auch im Umgang mit der Natur bzw. den "natürlichen Grundlagen der Produktivität". Ernst Friedrich Schumacher hat das einmal die "metaphysische Blindheit" der ökon. Wertrechnung genannt hat, insofern "wir uns" -- so Schumacher -- "von der Wirklichkeit entfremdet haben und alles als wertlos ansehen, was wir nicht selbst erzeugt haben." Das bedeutet nicht nur, dass die Ökonomie mit einem Eigenwert der Natur -- der Schönheit eines Baumes, der Intaktheit eines Ökosystems, dem Lebensrecht einer Kreatur -- für sich genommen nichts anfangen kann, d. h. dass das aus ökon. Sicht schlicht sinnlos ist. Es heißt eben auch, dass Natur (so wie Arbeitskraft) nur als "produktiv" und ökonomisch wertvoll angesehen werden kann, wenn sie verwertet, d. h. üblicherweise gewaltsam privat angeeignet und damit zum "Produktionsfaktor" wird -- das BIP/die Wertrechnung übernimmt und institutionalisiert damit einen verhängnisvollen Kategorienfehler, der im Gedanken eines "produktiven Verbrauchs" von Natur zum Ausdruck kommt. Die Ausbeutung -- der Konsum -- nicht-erneuerbarer Rohstoffe und der lebenden Natur werden damit nämlich (fälschlicherweise) als "Ertragsposten" verrechnet, und nicht als "Kapital", mit dem haushälterisch umzugehen sei -- auch das ist eine zentrale Forderung einiger aktuell propagierter Alternativen zum BIP.

Bevor wir aber dazu kommen -- noch ein paar Worte zur zweiten Problematik, die sich aus der "wertfreien" Fixierung auf die "Geschäftigkeit" einer Volkswirtschaft ergibt -- nämlich das Problem des negativen Nutzens, des Unwerts oder Schadens, den ein wirtschaftliches Handeln hervorruft oder den es lediglich behebt -- der aber, insofern er bezahlt werden muss, wiederum als positiver Beitrag zur Wertschöpfung verbucht wird. Hier vielleicht wiederum nur anhand weniger besonder drastischer Beispiele:

  • Militär-/Rüstungsausgaben: Wir haben eingangs gesehen, dass deren grundsätzliche, positive Verbuchung als "Staatsausgaben" möglicherweise kriegsentscheidend war. Ihr Wert wurde indes unlängst sogar noch angehoben, insofern sie jetzt als "Investitionen" verbucht werden und damit über Abschreibungen jährlich das BIP erhöhen.

  • Wir haben die Problematik positiv verbuchter "bads" auch bereits vorhin -- bei der nunmehr erfolgten Einrechnung des kriminellen informellen Sektors -- angerissen. In anderen Fällen ist eine Bilanz vielleicht schwieriger zu ziehen -- ob etwas mehr Schaden als Nutzen stiftet.

  • Dann fällt darunter aber natürlich noch der gesamte Bereich der sogenannten "Reparaturkosten" oder auch "defensiven Ausgaben", die wir als Einzelne zu gewärtigen haben, um uns von den negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen ("Externalitäten") gewissermaßen "freizukaufen", die mit der Erwirtschaftung unseres materiellen Wohlstands (gemessen am BIP) verbunden sind: Darunter fallen eben nicht nur bspw. Kosten für Anwälte, Ärzte und Therapeuten, sondern eben auch für die Anschaffung bspw. von Klimaanlagen (wegen Klimawandel), Häusern am Land oder SUVs ... -- also auch nur vermeintliche "Reparaturen", die die Spirale der Zerstörung (aber eben auch der "schöpferischen Zerstörung") noch weiter anheizen.

Das war also jetzt im Schnelldurchlauf die Problematik der aktuellen Wertrechnung -- darauf aufbauend wurden in den letzten Jahren einige Alternativen entwickelt.
 

Alternativen

Kritik am BIP gab es eigentlich laufend, vermehrt dann ab den späten 1960ern, und in den 1970ern wurden die ersten Alternativen ausgearbeitet. Wie eingangs gesagt, steht das BIP (vormals BSP) in enger Beziehung mit dem Modell des demokratischen Kapitalismus, der in den 1970ern in eine tiefe Krise schlitterte -- und er hat sich seither nicht erholt -- trotz neoliberaler Revolution (Globalisierung, Finanzialisierung, New Economy ...) zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass das ohnehin bescheidene nominelle Wachstum (gemessen am BIP) seither eigentlich schon keines mehr war, weil es -- in wachsendem Maße -- auf Kosten von Mensch und Natur, weltweit, erwirtschaftet wurde. Schuldenkrise, wachsende Ungleichheit, Ausbeutung und Umweltzerstörung, und nicht zuletzt der Klimawandel sind die sichtbarsten Zeichen dafür -- Dinge, die das BIP-Wachstum aber nicht nur in Kauf nimmt, sondern die es eben kostet.

Nichts bringt das vielleicht eklatanter zum Ausdruck als wiederum eine Zahl -- eine andere Zahl, oder noch besser viele andere Zahlen, die auf ganz unterschiedliche Art auf den Punkt bringen, dass die im BIP ausgedrückte Vorstellung von Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand nicht zukunftsfähig ist -- das ist ihr gemeinsamer Nenner.

Bei den hier [auf der Folie] dargestellten Zahlen handelt es sich -- exemplarisch -- um den GPI - Genuine Progress Indicator, den ISH - Index of Social Health, um einen Indikator für "Lebensglück" und den EFP - Ecological Footprint.
Die Darstellungen zeigen überdeutlich, dass ökonomische Wohlfahrt, sozialer Fortschritt, Lebensglück und ökologische Nachhaltigkeit mit Wirtschaftswachstum/Wirtschaftskraft, gemessen am BIP, entweder wenig zu tun haben, oder dass sie sogar negativ davon beeeinflusst werden -- zumindest ab einem bestimmten Zeitpunkt. Seit den 1970ern ...

  • gehen Wirtschaftswachstum und ökonomische Wohlfahrt immer deutlicher getrennte Wege (USA)

  • leidet die soziale Gesundheit, und hat das Ausgangsniveau ... nicht wieder erreicht (USA)

  • stagniert das durchschnittliche Lebensglück (USA)

  • verbrauchen wir weltweit im Schnitt mehr an Ressourcen, als unsere Erde auf Dauer hergeben kann

Diese Zahlen zeigen damit, jede für sich, die Grenzen der BIP-zentrierten Wohlstandsmessung auf -- weil sie ihre blinden Flecken und Schattenseiten beleuchten. Zugleich repräsentieren diese Kennzahlen unterschiedliche Zugänge, eine Alternative zum BIP als Maßzahl gesellschaftlicher Entwicklung zu entwickeln:

  • inhaltlich durch den jeweiligen Fokus auf ökonomische Wohlfahrt, gesellschaftlichen Fortschritt, individuelles Lebensglück/Wohlbefinden und ökologische Nachhaltigkeit

  • methodologisch betrachtet stehen sie für monetäre Accounting-Ansätze, zusammengesetzte Indikatoren bzw. Indizes, und für "dashboards" oder Tableaus mit jew. untersch. Messgrößen in ihren eigenen Einheiten

  • strategisch unterscheiden sie sich dahingehend, dass sie das BIP entweder partiell korrigieren bzw. zu einem Wohlfahrtsmaß ausbauen, es um zusätzliche soziale und ökologische Aspekte gleichrangig ergänzen oder es letztlich als die "eine Zahl" als Maßstab gesellschaftlicher Entwicklung vom Thron stoßen und ersetzen wollen

Üblicherweise überschneiden sich diese Aspekte so weit, dass ich die wichtigsten Alternativen zum BIP hier grob vier Gruppen zuordnen möchte:

1) "Accounting"-Ansätze, die das BIP innerhalb seiner eigenen Systematik korrigieren und zu einer Maßzahl nachhaltiger ökonomischer Wohlfahrt erweitern sollen
: Dazu werden vernachlässigte Strom- ("Externalitäten") und Bestandsgrößen ("Kapitale") monetär bewertet und zu einer Maßzahl aggregiert, welche ökonomische Wohlfahrt umfassender und mit Blick auf ihre nachhaltige Erzeugung messen soll. Zu dieser Gruppe gehören etwa die hier behandelten klassischen BIP-Alternativen (in der Reihenfolge ihrer Entwicklung) S/MEW - Sustainable/Measure of Economic Welfare, R/ISEW - Regional/Index of Sustainable Economic Well-Being, GPI - Genuine Progress Indicator, ANS - Adjusted Net Saving, NWI - Nationaler Wohlfahrtsindex.

2) Zusammengesetzte Indikatoren bzw. Indizes, die das BIP als integrierte, mehrdimensionale Maßzahlen gesellschaftlichen Fortschritts ergänzen oder ersetzen sollen
: Dazu werden ökonomische, soziale und ökologische, objektive ("capability") und subjektive ("happiness") Einzel-Indikatoren in unterschiedlicher Zahl, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und unterschiedlichen Bewertungs-, Gewichtungs- und Aggregierungsverfahren zu einem Gesamtscore aggregiert, welcher gesellschaftlichen Fortschritt umfassender und mit Blick auf seine nachhaltige Erzeugung messen soll. Zu dieser Gruppe zählen etwa -- mit Schwerpunkt auf objektive Indikatoren -- HDI/HSDI - Human Development Index, ISH - Index of Social Health, LPI - Legatum Prosperity Index, SPI - Social Progress Index und SSI - Sustainable Society Index, sowie -- mit Schwerpunkt auf subjektive Indikatoren -- BLI - Better Life Index, BNG - Bruttonationalglück, CIW - Canadian Index of Wellbeing, HPI - Happy Planet Index und der WHI - World Happiness Index.

3) Zusammengesetzte Indikatoren bzw. Indizes, die das BIP um den Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit ergänzen sollen
: Dazu werden ökologische -- ergänzend aber auch soziale und ökonomische -- Indikatoren zu einer Maßzahl aggregiert, welche die Nachhaltigkeit einer Wirtschaftsweise messbar machen soll. Zu dieser Gruppe zählen EEA-CSI Core Set of Indicators, EFP - Ecological Footprint, eSNI - Environmentally Sustainable National Income und SEEA - System of Environmental-Economic Accounting.

4) "Dashboards" oder "Tableaus", die dem BIP zusätzliche Messgrößen gleichrangig an die Seite stellen sollen
: Dazu werden bedeutsame und aussagekräftige soziale, ökologische, aber auch ökonomische Maßzahlen neben dem BIP zu einer der Art "Armaturenbrett" montiert, welches zentrale Stellgrößen gesellschaftlicher Entwicklung in ihrer Eigenart, aber auch im Zusammenhang miteinander abbilden soll. Zu dieser Gruppe gehören ESS - Europäisches Statistisches System, SDI - Sustainable Development Indicators, SSFC - EmpfehlungenW³ Indikatoren, Wie geht's Österreich? aber im weiteren Sinne auch die MDG - Millennium Development Goals und die SDG - Sustainable Development Goals der UN.

Das Angebot -- um nicht zu sagen: der Markt der Alternativen zum BIP
ist überraschend groß und vielfältig -- fast vergleichbar mit dem wohlbekannten "Gütesiegeldschungel" im Reich der mehr oder weniger "nachhaltigen" Produkte. Jede dieser Varianten -- ob korrigiertes BIP, Sozial- oder Öko-Index, oder Tableau -- hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Keine der vorgestellten Kennzahlen -- und wohl auch keiner der systematischen Ansätze -- kann wohl für sich beanspruchen, die fertige Lösung für das Problem zu liefern, wie man die Entwicklung einer Gesellschaft umfassend richtig messen und in die richtige Richtung lenken kann. Genausowenig wie das BIP.

Letzenendes geht es aber gar nicht darum, die eine durch eine andere Zahl (oder auch ein anderes Tableau an Zahlen) zu ersetzen
, welche/s uns sagen soll, wo's lang geht. Sicherlich gibt es unterschiedlich gute und unterschiedliche brauchbare Alternativen -- aber es braucht wahrscheinlich von allem etwas: ein "korrigiertes BIP", das so klar im Ansatz ist wie der S/MEW - Sustainable/Measure of Economic Welfare und dabei so konsequent wie der NWI - Nationaler Wohlfahrtsindex; einen "Fortschritts-Index", der so breit verfügbar ist wie der HDI/HSDI - Human Development Index, und dabei so originell und stark in der Aussage wie der ISH - Index of Social Health; einen "Glücks-Index", der so partizipativ konzipiert ist wie der CIW - Canadian Index of Wellbeing, so gut in den politischen Prozess eingebunden wie der Index des BNG - Bruttonationalglück -- und so "crisp" wie der HPI - Happy Planet Index; einen Öko-Index, der so etabliert und anschaulich ist wie der EFP - Ecological Footprint, und so fundiert wie das EEA-CSI Core Set of Indicators; und ein Indikatoren-Tableau, das ein mindestens so starkes politisches Mandat hat wie die W³ Indikatoren, und so gut auf dem aktuellen Diskussionsstand aufbaut wie der Indikatorensatz Wie geht's Österreich?
Nebenbei gesagt: Worauf man aber eher verzichten kann, das sind populäre, komplizierte, wenig originelle und dabei vom Ergebnis her weitgehend BIP-kompatible (weil damit hoch korrelierende) "Alternativen" privater Think Tanks (wie v. a. dem LPI - Legatum Prosperity Index und dem SPI - Social Progress Index).
Abgesehen von theoretischen und methodologischen Fragen ist die grundlegende Problematik aber eine ethische und politische
: In welche Richtung sich eine Gesellschaft entwickeln soll, muss letztlich auf demokratischem Weg entschieden werden. Erst dadurch ist sichergestellt (oder zumindest vorgesehen), dass die festgelegten Ziele auch legitim sind und verbindlich angesteuert werden. Andernfalls handelt es sich, wie heute selbst bei staatlicherseits administrierten Erhebungen bspw. zur Nachhaltigkeit meist der Fall, um zwar wichtige, aber praktisch häufig ignorierte Informationen. Am Wissen, dass und wie gehandelt werden müsste, mangelt es nämlich eher nicht -- eher schon am wahrgenommenen Handlungsspielraum und an verbindlichen, demokratisch legitimierten Entscheidungen. Wenn wir also schon messen müssen, und wenn Messen Macht impliziert, dann könnten all diese Maßzahlen letztlich auch dafür gut sein, mehr Demokratie in unsere Wirtschaft zu bringen -- und das wäre ja fürs Erste auch schon etwas.